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Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungs­störung (AVWS)

Begriffsbestimmung

Eine auditive Wahrnehmungsstörung ist als Teilleistungsstörung der Gehirnfunktionen zu verstehen und wird heute meist als "zentrale auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung" bezeichnet. Eine relative Störung der auditiven Wahrnehmung äußert sich in einer Beeinträchtigung kommunikativer Funktionen, z.B. der Lautsprache, der Schriftsprache, dem Verstehen und Umsetzen gehörter Informationen. Bei den viel häufiger vorkommenden mentalen Entwicklungsstörungen, z.B. den verschiedenen Schweregraden der Intelligenzminderung und den Lernstörungen sowie den Störungen der Aufmerksamkeit kann die Überprüfung der auditiven Wahrnehmung zu auffälligen Ergebnissen führen. Als Ursachen für eine auditive Wahrnehmungsstörung werden genetische Dispositionen und Hirnstörungen verschiedener Genese diskutiert. Außerdem sind wiederholte periphere Hörstörungen, z.B. durch wiederkehrende Mittelohrentzündungen, zu berücksichtigen.


Leitsymptome

Eine auditive Wahrnehmungsstörung kann vermutet werden, wenn Kinder in ihrem Verhalten durch folgende Symptome auffallen:

  • verminderte Merkfähigkeit akustisch vermittelter Informationen (Sätze, Reime, Lieder)
  • häufiges Verwechseln klangähnlicher Laute (laut- und schriftsprachlich)
  • übermäßige Lautempfindlichkeit bei üblichem Umgebungslärm
  • reduziertes Sprachverständnis bei üblichem Umgebungslärm (Klassenzimmer, Kindergarten)
  • reduzierte Aufmerksamkeit bei üblichem Umgebungslärm
  • mangelnde Lokalisation einer Schallquelle

Diagnostik

Da die betroffenen Kinder in verschiedenen Bereichen, z.B. der Sprache, dem Verhalten und den schulischen Leistungen auffällig sein können, empfiehlt sich ein interdisziplinäres diagnostisches Vorgehen. Grundsätzlich müssen eine normale Intelligenz im non-verbalen Bereich, normale Aufmerksamkeitsleistungen und ein normales peripheres Hörvermögen gesichert werden. An erster Stelle stehen nach der ausführlichen Anamnese die klinische Beschreibung der Symptomatik und die allgemeine entwicklungsneurologische Untersuchung. Bei Hinweisen auf Entwicklungsstörungen ist immer eine psychologische Testdiagnostik bzw. Entwicklungsdiagnostik durchzuführen, bei Schulkindern mit Lese-Rechtschreib-Problemen zusätzlich eine entsprechende Lese-Rechtschreibdiagnostik. In psychologischen Testverfahren fallen diskrepante Leistungen im Bereich des akustischen Kurzzeitgedächtnisses, z.B. beim Zahlen- und Wortenachsprechen auf. In sprachdiagnostischen Verfahren lassen sich Defizite im auditiven Gedächtnis, der phonematischen Diskriminierung und im Reproduzieren gehörter Texte und Unsinn-Silben nachweisen.

Präsentation: Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung


Therapie

Folgende Veränderungen der Umwelt können sich positiv auf die auditive Wahrnehmung auswirken: Eine veränderte Sitzposition, z.B. weiter vorne im Klassenzimmer mit Blickkontakt zum Lehrer begünstigt visuelle Kompensationsstrate-gien. Rücksichtnahme auf die Besonderheiten des Kindes, eingeschränktes Sprachverständnis bei erhöhtem Lärmpegel, das Kind sollte direkt angesprochen werden. Verminderung des Störschalls der Unterrichtsräume, z.B. keine kahlen Wände, keine großen Fensterfläche ohne Gardinen, vor allem kleinere Klassen. Eine funktionale Therapie am Kind erfolgt meist im Rahmen einer logopädischen Behandlung. Diese kann sich je nach Symptomatik auf folgende Bereiche konzentrieren:

  • Verbesserung der phonematischen Diskriminierung
  • Verbesserung der auditiven Gedächtnisleistungen, z.B. durch Vermittlung und Einüben von Ersatzstrategien
  • Verbesserung der auditiven Raumorientierung, z.B. durch Lokalisation von Schallquellen
  • Verbesserung von sprachlicher Analyse und Syntheseleistung

Diese Übungen können sowohl durch den Therapeuten als auch durch Benutzung von Tonträgern und Multimedia-Programmen erfolgen. Ergotherapeutische Maßnahmen im auditiven Bereich sollten nur in Zusammenarbeit mit ei-ner/einem Logopädin/en erfolgen. Wie bei jeder funktionalen Behandlung sind eine klare Festlegung von für die Kinder relevanten Behandlungszielen (Nah- und Fernziele) sowie eine Absprache zwischen den Eltern, Ärzten und Therapeuten erforderlich. Zusätzlich werden verschiedene apparative Möglichkeiten zur Unterstützung der logopädischen Behandlung angeboten.


Prävention

Die Fähigkeit, gehörte Laute zu unterscheiden und zu kategorisieren, ist schon in den ersten Lebensmonaten vorhanden. Dieser Lernprozess kann entweder durch eine eingeschränkte periphere Aufnahme (Innenohrstörung, chronische Otitis media) gestört werden oder auch durch inadäquate akustische bzw. sprachliche Angebote. Somit ist neben dem Neugeborenen-Hörscreening auch die regelmäßige Untersuchung des Hörvermögens bei Säuglingen und Kleinkindern, vor allem nach einer Otitis media, als eine präventive Maßnahme gegen auditive Wahrnehmungsstörungen zu verstehen. Bei der Betreuung von Säuglingen und Kleinkindern ist die Beratung der Eltern im altersadäquaten sprachlichen Umgang (Mutter-Kind-Dialog, möglichst im Rahmen sprachbegleitender Tätigkeiten) und die Vermeidung von Lärmbelastungen (Walkman usw.) vordringlich.

Modifiziert nach Deutscher Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e.V.